Sagst du noch Scheide?

Scheide

Scheide war lange der gängige Begriff für das innere weibliche Geschlechtsorgan: egal ob in der Schule, im Fernsehen oder im Internet, überall liest und hört man das Wort Scheide. Seit letztem Jahr setzt sich jedoch der lateinische Begriff Vagina durch.



Aber warum ist Scheide überhaupt veraltet?

 



Bevor wir diese Frage klären, wollen wir zuerst einen ganz sachlichen Blick auf die Anatomie der Scheide und des weiblichen Geschlechtsorgans werfen und alle in dem Zusammenhang relevanten Begriffe klären.


Ein Überblick über die Inneren Genitalien der Frau

Die Scheide gehört zu den inneren Genitalien der Frauen, über die wir im Folgenden einen kurzen Überblick geben möchten.


Scheide (Vagina)

Die Scheide ist ein muskulärer, dehnbarer Kanal im weiblichen Fortpflanzungssystem, der den Gebärmutterhals (Cervix) mit dem äußeren Genitalbereich (Vulva) verbindet. Sie ist etwa 7-10 cm lang, kann sich jedoch bei sexueller Erregung und während der Geburt erheblich ausdehnen. Die Scheide hat eine wichtige Rolle bei der sexuellen Aktivität, der Menstruation und der Geburt. Sie ist von einer Schleimhaut mit mehreren Zellschichten ausgekleidet, deren Dicke durch das Zusammenspiel verschiedener Sexualhormone reguliert wird. Diese Zellschicht verändert sich im Laufe des Menstruationszyklus, während einer Schwangerschaft und im Alter. Nach den Wechseljahren wird die Scheidenhaut dünner, was sie anfälliger für Verletzungen und Infektionen macht (vaginale Atrophie). Zudem kann das Gleichgewicht der vaginalen Flora und des pH-Wertes leichter gestört werden, was das Risiko für Vaginalinfektionen erhöht. Die Scheide ist auch in der Lage, sich selbst zu reinigen, indem sie regelmäßig Flüssigkeiten absondert, die abgestorbene Zellen und Bakterien abtransportieren.


Gebärmutter (Uterus)

Die Gebärmutter kannst du dir von der Form und Größe wie eine umgedrehte Birne vorstellen, in der Geschlechtsreife ist sie ca. 7 bis 9 cm lang. Sie ist aufgeteilt in Gebärmutterkörper (obere zwei Drittel) und Gebärmutterhals (unteres Drittel) und wiegt bei einer erwachsenen Frau etwa zwischen 80 und 120 Gramm, während einer Schwangerschaft erhöht sich das Gewicht auf bis zu ein Kilogramm.

Die Gebärmutterwand besteht aus drei Schichten:

  1. Perimetrium: äußere Umkleidung mit Bauchfell,
  2. Myometrium: dicke Mittelschicht aus glatten Muskelzellen,
  3. Endometrium: innere Schleimhaut, die die Gebärmutterhöhle auskleidet.


Gebärmutterhals (Zervix)

Der Gebärmutterhals, auch Zervix genannt, ist der untere, schmalere Teil des Uterus, der die Gebärmutter mit der Scheide verbindet. Der Gebärmutterhals ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, die während des Menstruationszyklus unterschiedliche Mengen und Konsistenzen von Schleim produziert, um den Eintritt von Spermien zu erleichtern oder zu verhindern. Während der Geburt weitet sich der Gebärmutterhals, um dem Baby den Durchgang durch den Geburtskanal zu ermöglichen. Auch spielt der Gebärmutterhals eine Rolle beim Schutz vor Infektionen, indem er als Barriere zwischen der Scheide und der Gebärmutter dient.


Gebärmutterkörper (Corpus Uteri)

Der Gebärmutterkörper, auch Corpus uteri genannt, ist der größere, obere Teil der Gebärmutter, der eine zentrale Rolle im weiblichen Fortpflanzungssystem spielt. Er ist birnenförmig und besteht aus einer dicken Muskelschicht, die während der Schwangerschaft das heranwachsende Baby schützt und unterstützt. Die innere Auskleidung des Gebärmutterkörpers, das Endometrium, baut sich im Laufe des Menstruationszyklus durch den Einfluss von Hormonen auf und wird bei ausbleibender Befruchtung als Menstruationsblutung abgestoßen. Während der Schwangerschaft dehnt sich der Gebärmutterkörper erheblich aus (auf ca. 5 Liter), um dem wachsenden Fötus Platz zu bieten. Zudem spielt er eine entscheidende Rolle bei den Wehen, da seine Muskulatur sich zusammenzieht, um das Baby während der Geburt durch den Geburtskanal zu schieben.


Eileiter (Tubae)

Die Eileiter, auch als Tubae uterinae oder Fallop'sche Röhren bekannt, sind zwei dünne, röhrenförmige Strukturen rechts und links am oberen Ende der Gebärmutter. Sie verbinden Gebärmutter und Eierstöcke und spielen eine entscheidende Rolle bei der Fortpflanzung. Nach dem Eisprung (Ovulation) fängt der Eileiter die befruchtete Eizelle (Zygote) auf und transportiert sie in Richtung Gebärmutter, wo sie noch 3-5 Tage lang weiter “wandert” und sich dann ca. am 6. Tag nach der Befruchtung in die Gebärmutterschleimhaut einnistet. Die Eileiter sind durch eine feine Schleimhaut ausgekleidet und enthalten winzige Haarzellen (Zilien), die helfen, die Eizelle oder den Embryo in Richtung Uterus zu bewegen.


Eierstöcke (Ovarien)

Die beiden Eierstöcke befinden sich links und rechts im Becken, in der Nähe der Enden der Eileiter. In den Eierstöcken werden unreife Eizellen gelagert. Jeder Eierstock enthält zahlreiche Follikel, kleine Zellhaufen, in denen Eizellen heranreifen. Beim Eisprung bricht ein Follikel auf und gibt die reife Eizelle in den Eileiter frei.

Schon in der 20. Schwangerschaftswoche (der Mutter) eines weiblichen Embryos sind etwa 8 Millionen Eizellen (Primärfollikel) im Embryo angelegt. Bei der Geburt reduziert sich diese Zahl und ein weibliches Baby kommt mit 1 bis 2 Millionen Eizellen auf die Welt. Bis zur Pubertät sinkt sie weiter auf etwa 300.000 bis 500.000. Im Laufe des Lebens einer Frau gibt es etwa 300 bis 500 Zyklen, in denen ein Eisprung stattfindet.

In den Eierstöcken werden auch die Sexualhormone Östrogen und Progesteron produziert. Durch die regelmäßige Hormonproduktion reift ab der ersten Menstruationsblutung normalerweise jeden Monat mindestens eine Eizelle heran, die dann beim Eisprung freigesetzt wird. Eine trichterförmige Struktur mit feinen Fransen (Fimbrien) am Ende der Eileiter hilft, die Eizelle nach dem Eisprung aus dem Eierstock in den Eileiter zu befördern. Dort trifft die Eizelle entweder innerhalb weniger Stunden auf Spermien und wird befruchtet, oder sie zerfällt.

Damit du dir das Ganze besser vorstellen kannst, haben wir hier auch eine Grafik, gefunden auf: https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/gesundheitsprobleme-von-frauen/das-weibliche-fortpflanzungssystem/innere-weibliche-geschlechtsorgane

Anatomie Frau



Der Vollständigkeit halber wollen wir hier auch kurz die äußeren Geschlechtsorgane der Frau erwähnen: Dazu gehören Venushügel, Vulva, Vulvalippen und Klitoris. Mehr Infos dazu kannst du in diesem Blog-Artikel finden: https://drvivienkarl.com/blogs/wissen/intimbereich-frau


Warum wir nicht mehr Scheide sagen

So, das war der biologische Teil. Wir hoffen, dass wir dir einen guten Überblick über die Scheide, sowie alle anderen weiblichen Geschlechtsorgane und ihre Funktionen geben konnten. Nun geht es um die Sprache an sich und darum, was unser Problem mit dem Wort Scheide ist.

Wenn du an das Wort Scheide denkst, kommt dir sicher nicht nur das weibliche Geschlecht in den Sinn. Denn ursprünglich meint das Wort Scheide auch den Behälter für ein Schwert. Diese Logik spiegelt sich auch in der Sichtweise (von manchen Menschen und der Gesellschaft) auf die Scheide als das weibliche Geschlechtsorgan wider. Weil die Scheide jedoch kein Objekt ist, in das man nur etwas „einführt“, steht der Begriff seit Jahren in der Kritik. Auch wir verwenden deshalb lieber Vagina.

Bei uns liest du also vor allem:

  • Vagina statt Scheide
  • Vaginavorhof statt Scheidenvorhof
  • Vaginaltrockenheit statt Scheidentrockenheit


Keine falsche Scham

Das gilt übrigens auch für das Wort Scham. Niemand sollte sich für den eigenen Körper und die eigene Sexualität schämen. Deshalb verwenden wir statt Schamlippen das Wort Vulvalippen. Und tauschen zusätzlich die kleinen und großen Vulvalippen gegen die äußeren und inneren Vulvalippen. Denn alle Vulven und Vulvalippen sind individuell. Mal länger, mal kürzer, mal glatter, mal strukturierter, mal heller, mal dunkler. Und das ist gut so!

Da die Wörter Vagina und Vulva noch nicht überall verbreitet sind, kann es in Einzelfällen allerdings vorkommen, dass wir den Begriff Scheide verwenden. Wir wollen schließlich auch den Menschen weiterhelfen, die nach Begriffen wie Scheidentrockenheit, Scheideninfektion oder Ähnlichem suchen.

Wir geben aber unser Bestes, noch mehr Menschen für einen sensiblen Sprachgebrauch zu begeistern. Wenn du dazu Vorschläge hast, melde dich gern bei uns!

Autorin

Über die Autorin

Dr. Vivien Karl

Co-Founderin & Expertin für Frauengesundheit

Dr. Vivien Karl ist promovierte Apothekerin und Gründerin der Intimpflegemarke DR. VIVIEN KARL. Mit ihrer Marke setzt sie sich dafür ein, natürliche und wissenschaftsbasierte Pflegeprodukte für die Intimgesundheit von Frauen bereitzustellen. Durch ihre Erfahrung entwickelte sie hochwertige Produkte, die den besonderen Bedürfnissen der Intimgesundheit gerecht werde.

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