„Ich habe früh gelernt, was meinem Körper guttut“

Frau gegen Sonne

Wie fühlst du dich in deinem Körper? Für unsere Serie „In meiner Haut“ lassen Frauen ihr Verhältnis zum eigenen Körper Revue passieren – mal verletzlich, mal motivierend und mal ungeschönt ehrlich. Den Anfang macht Claudia*, die jahrzehntelang an der größten Theaterbühne der Welt tanzte.

Wenn der letzte Ton des Orchesters verklingt, ihre Füße zum Stillstand kommen und tobender Applaus die Musik ablöst, fängt Claudias Bauch zu kribbeln an. Voller Stolz auf das, was sie zusammen mit ihrem Ensemble an diesem Abend geleistet hat.

Mehr als 20 Jahre sah Claudias Alltag so aus. Als Balletttänzerin tanzte sie am Friedrichstadtpalast in Berlin, auf der größten Theaterbühne der Welt. Dabei spielte ihr Körper immer eine wichtige Rolle. Denn sie musste sich voll und ganz auf ihn verlassen können. Er war Teil ihres Berufs.

Vor Kurzem hat Claudia ihren 60. Geburtstag gefeiert. Mit ihrem Körper ist sie immer noch genauso zufrieden wie damals. Obwohl das schon „ein starker Unterschied zu dem ist, wie es früher mal war“. Wie hat sie gelernt, mit sich zufrieden zu sein?

„Ich habe früh gelernt, was meinem Körper guttut“


Von klein an setzte sich Claudia intensiv mit ihrem Körper auseinander und lernte ihn wahrzunehmen. Zuerst im Trainingszentrum, in das sie bis zur 4. Klasse ging, danach beim Geräteturnen in der Sportschule. Später in der Ballettschule. So machte sie schon als Kind autogenes Training, ging in die Sauna und achtete auf eine gesunde Ernährung. „Ich habe früh gelernt, was meinem Körper guttut“, erzählt Claudia.

Durch den Leistungssport stand ihr Körper ständig im Fokus, das war nicht immer einfach. Besonders in der Pubertät war das wöchentliche Wiegen in der Ballettschule herausfordernd. Doch Claudia lernte in dieser Zeit auch, ihren Körper zu schätzen. Sie nahm eine wertvolle Erkenntnis mit, die ihr auch später half, mit ihrem Körper zufrieden zu sein: Man sollte sich niemals mit anderen vergleichen. „Es bringt nichts, sich optisch an etwas zu orientieren, das man sowieso nicht erreichen kann“, sagt Claudia. Worauf sie bis heute achtet: Mehr bei sich bleiben.

„Ich habe mich jeden Tag aktiv dafür entschieden, zufrieden zu sein.“

Auch die Einstellung ihrem Körper gegenüber hat Claudia regelmäßig hinterfragt. „Jeder hat eine bestimmte Vorstellung davon, wie man aussehen möchte. Das hat viel mit der eigenen Einstellung zu tun. Ich habe mich jeden Tag aktiv dafür entschieden, zufrieden zu sein.“

Aus ihrer jahrelangen Erfahrung weiß Claudia, wie sich die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper auf das allgemeine Wohlbefinden und die Ausstrahlung auswirkt: „Wenn man sich im eigenen Körper unwohl fühlt, sieht man das auch auf der Bühne“. Deshalb führte für sie kein Weg daran vorbei, dauerhaft an ihrem eigenen Körpergefühl zu arbeiten. Harte Arbeit, die Claudia als Teil ihres Berufs gern auf sich nahm. Denn jeden Abend kam die Belohnung: „Die leuchtenden Augen und der Applaus sind schon toll gewesen, dafür habe ich gern so intensiv an mir gearbeitet.“ Anders als bei anderen Berufen lag regelmäßiges Training und eine ausgewogene Ernährung natürlich auch in der Natur des Jobs als Balletttänzerin. „Mir blieb nichts anderes übrig – und das nicht nur wegen der Optik, sondern wegen der körperlichen Belastung. Sonst hätte ich die Vorstellungen nicht durchgehalten“, sagt Claudia.

Heute ist Claudia in Rente und sieht den Veränderungen an ihrem Körper entspannt entgegen – genauso wie damals nach der Schwangerschaft. „Zum Ende der Schwangerschaft habe ich mich natürlich schwer gefühlt“, erzählt sie „aber man stellt sich vorab ja auf die Veränderungen ein, die der Körper durchläuft.“ Was danach blieb, war mehr Faszination dafür, was der Körper geleistet hat.

Auch mit 60 ist Claudia vor allem zufrieden mit ihrem Körper. „Mich stören die Röllchen nicht, die jetzt da sind“, sagt sie. „Es gibt schließlich so viel mehr, worauf man sich im Leben konzentrieren kann als auf den Körper. Aber für das, was er mir ermöglicht hat und heute noch ermöglicht, bin ich sehr dankbar.“

*Wir Haben Den Namen Der Protagonistin Geändert, Weil Sie Anonym Bleiben Möchte.

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Statue Frau
Gezeichneter Frauenkörper mit Käfer