Vulvodynie in den Wechseljahren

DR VIVIEN KARL Intimpflege Frau von der Seite

Vulvodynie, auch bekannt als Vaginalschmerz, stellt eine weit verbreitete Krankheit bei Frauen dar, zu deren Häufigkeit des Auftretens es keine exakten Daten gibt. In internationalen Studien variieren die Zahlen zwischen 10 % und 28 %. Das Erkrankungsalter liegt zwischen 16–60 Jahren, wobei bei Beschwerden nach der Menopause das urogenitale Menopausensyndrom im Vordergrund steht, die Vulvodynie geht mit Beschwerden der vulvovaginalen und urogenitalen Atrophie einher, zum Beispiel mit Scheidentrockenheit.

Vulvodynie äußert sich in Missempfindungen und Schmerzzuständen im Bereich der äußeren, primären Geschlechtsorgane einer Frau, für die oft keine erkennbaren Ursachen gefunden werden und beeinträchtigt das körperliche, seelische und sexuelle Wohlergehen der betroffenen Personen erheblich. Behandlungsstrategien, die Linderung verschaffen, gibt es mehrere, eine Heilung ist jedoch derzeit nicht möglich.

Was genau ist Vulvodynie?

Vulvodynie, spezifisch definiert als chronischer Schmerz oder Unbehagen im Bereich der Vulva, ist eine Erkrankung, die Frauen unterschiedlichen Alters betreffen kann. Die Schmerzen, die als brennend, stechend oder roh beschrieben werden, treten ohne offensichtliche Ursache oder sichtbare Hautveränderungen auf und können monatelang oder sogar jahrelang andauern. Die genauen Ursachen von Vulvodynie sind noch nicht vollständig verstanden, aber Expert:innen vermuten eine Kombination aus Faktoren wie genetische Prädisposition, Nervenschäden, hormonellen Veränderungen und Muskelspannungen im Beckenbereich. Die Diagnose wird oft gestellt, nachdem andere mögliche Ursachen für die Schmerzen ausgeschlossen wurden. Da Vulvodynie eine komplexe und multifaktorielle Erkrankung ist, variiert das Erleben von Frau zu Frau, was die Identifizierung und Behandlung zu einer individuellen Herausforderung macht.

Man unterscheidet zwei Arten von Vulvodynie:

Die lokalisierte Vulvodynie

Bei einer lokalisierten Vulvodynie verspüren die meisten Frauen nur an einer Stelle der Vulva Schmerzen, meist am Scheidenvorhof (Vestibulitis). Man spricht in diesem Fall auch von Vestibulodynie. Die davon betroffenen Frauen weisen eine provozierte Vestibulodynie (PVD) auf, das heißt, dass der Schmerz während oder nach einer Druckausübung auf den Scheidenvorhof auftritt. Eine solche Druckausübung kann durch Sex, das Einführen eines Tampons, zu enge Hose und/oder Unterwäsche, Radfahren, langes Sitzen oder eine gynäkologische Untersuchung entstehen. In seltenen Fällen kann der Schmerz auch im Bereich der Klitoris auftreten (Klitorodynie).

Die generalisierte Vulvodynie (GVD)

Die GVD ist gekennzeichnet durch Schmerzen ohne speziellen Auslöser. Manche Frauen haben allgemein bestehende Schmerzen und zudem werden durch lokale Einwirkungen noch Schmerzen ausgelöst. 

Was sind die Leitbeschwerden einer Vulvodynie?

  • Juckreiz und brennende Schmerzen oft über die gesamte Haut vom Venushügel bis zum After, manchmal auch die Vagina mit einschließend
  • Druck- und Zugbelastung sowie Berührung an der Vulva sind so unangenehm, dass auf Unterwäsche verzichtet wird und eventuell schon Gehen und längeres Sitzen als Belastung empfunden werden
  • Sex ist schmerzhaft bis praktisch unmöglich, wird er praktiziert, erreichen die Beschwerden danach ein Maximum
  • Fahrradfahren ist schmerzhaft oder unmöglich
  • Tampons einzuführen ist nicht möglich
  • Schmerzen beim Wasserlassen und Blut im Urin treten auf
  • Rauheitsgefühl sowie das Gefühl, auf einem Ball zu sitzen
  • Schmerz kann oft nicht genau lokalisiert werden
  • Bauchschmerzen, Blähbauch, Verstopfung und Durchfall werden als Belastung empfunden
  • Teilweise treten auch Sensibilitätsstörungen auf.

Wenn du eine oder mehrere der folgenden Beschwerden erlebst, kann dies auf eine Vulvodynie hinweisen. Gehe unbedingt in den nächsten Tagen zum Arzt oder zur Ärztin, wenn Juckreiz und brennende Schmerzen sowie extreme Schmerzen bei Berührung der Vulva ohne bekannte Ursache auftreten.

Woher kommt Vulvodynie und was kannst du tun?

Die genauen Ursachen für Vulvodynie sind bislang nicht geklärt - Gender Health Gap lässt grüßen. Eine Vielzahl möglicher Ursachen und Behandlungen für Vulvodynie werden derzeit noch erforscht. Es gibt wahrscheinlich mehrere Ursachen für Vulvodynie, man geht von einem multifaktoriellen Geschehen aus und eine Diagnose erfolgt meist durch ein Ausschlussverfahren.

Mögliche Ursachen umfassen das Sjögren-Syndrom, dessen Symptome chronische Intimtrockenheit beinhalten. Weitere Ursachen können eine genetische Prädisposition für Entzündungen, Allergien oder andere Sensitivitäten (beispielsweise Oxalate im Urin), eine Autoimmunerkrankung ähnlich dem Lupus erythematodes, Ekzemen oder Lichen Sclerosus, Infektionen (z.B. Hefepilzinfektionen, bakterielle Vaginose, HPV, HSV), Verletzungen und Neuropathien, also Erkrankungen des Nervensystems (im vaginalen Bereich), einschließen. Einige Fälle scheinen negative Folgen genitalchirurgischer Eingriffe zu sein, wie beispielsweise eine Labioplastik (Vulvalippenkorrektur). Die Einleitung von hormonellen Kontrazeptiva, die niedrig dosiertes Östrogen enthalten, vor dem 16. Lebensjahr könnte Frauen für eine Vulvodynie prädisponieren. Darüberhinaus kann eine Dysfunktion des Beckenbodens die zugrunde liegende Ursache für den Schmerz einiger Frauen sein.

Oft tritt Vulvodynie in Kombination mit anderen Erkrankungen auf, beispielsweise dem Reizdarmsyndrom, der interstitiellen Zystitis (nicht-infektiöse Blasenentzündung), einer Beckenbodenmuskeldysfunktion, Depressionen oder Angststörungen. Die Erkrankung wird manchmal auch in Verbindung mit einer Vorgeschichte von sexuellem oder körperlichem Missbrauch in der Kindheit gebracht. All diese Gründe und Ursachen sind sehr individuell, deshalb ist es wichtig, sich eine ärztliche Beratung zu suchen, die die Beschwerden ernstnimmt, bei der du dich wohlfühlst und die die Symptome ganzheitlich betrachtet. Die Behandlung der Vulvodynie erfordert in der Regel ein multimodales Behandlungskonzept, kann dementsprechend verschiedene Ärzt:innen involvieren. Da die Ursachen für Vulvodynie unbekannt sind, erfolgt die Behandlung meist symptomatisch. Als Behandlungen kommen infrage: 

Als Behandlungen kommen Schmerzmittel, Antidepressiva mit schmerzlindernder Eigenschaft, Injektionen mit Botulinumtoxin bei langandauernden, auf Medikamente nicht ansprechenden Schmerzen, Antikonvulsiva (z. B. Pregabalin) zur Herabsetzung der Empfindsamkeit für den Schmerz-/Juckreiz, Muskelrelaxanzien (setzen die Muskelspannung herab), Medikamente, die bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden, wie Gabapentin und Carbamazepin, Behandlung der begleitenden Erkrankungen, also des Reizdarms oder einer chronischen Pilzinfektion der Vagina. Empfehlungen zur Selbsthilfe beinhalten lockere Kleidung, Baumwoll- oder Seidenunterwäsche, Intimhygiene nur mit Wasser oder pflegenden Intimprodukten ohne Parfüm, kein Weichspülmittel, trockenes, weiches Toilettenpapier, Kühlen der Vulva (z. B. mit Coolpacks für Kinder), Wärme (z. B. mit Kirschkernkissen), Führen eines Schmerztagebuchs zur, Erfassung von Zusammenhängen zwischen Schmerzen und Alltagsbelastungen, ausreichend Trinken und die Intimrasur zu pausieren.

Einen hohen Stellenwert in der Behandlung der Vulvodynie hat außerdem die Physiotherapie des Beckenbodens. Betroffene Frauen geben sehr häufig eine Überempfindlichkeit und Schmerzen im Bereich des Beckenbodens an, bedingt durch Anspannung und damit verbundene Verkürzung der Muskeln in diesem Bereich, was oft Schmerzen beim Sex oder Symptome der Reizblase verursacht. Im Rahmen der Physiotherapie lernen Betroffene zunächst, ihren Beckenboden überhaupt wahrzunehmen, um den Unterschied zwischen An- und Entspannung zu erkennen. Auch Dehnungsübungen für die Muskeln der Beckenregion sind ein weiterer wichtiger Bestandteil und können durch Biofeedback, Elektrostimulation und auch Stoßwellentherapie ergänzt werden. In mehreren Studien zu diesen Verfahren konnte ein deutlicher Rückgang der Beschwerdesymptomatik festgestellt werden.

Vulvodynie und Wechseljahre

Vulvodynie in den Wechseljahren stellt eine besondere Herausforderung für betroffene Frauen dar, da die hormonellen Veränderungen die Symptome von Vulvodynie beeinflussen können. Der Östrogenmangel, der typisch für die Wechseljahre ist, kann zu einer allgemeinen Trockenheit der Schleimhäute führen, was die bereits empfindliche Haut der Vulva weiter reizen und die Schmerzempfindungen verschärfen kann. Zudem können die psychologischen und emotionalen Veränderungen während der Wechseljahre das Erleben von Vulvodynie komplexer gestalten. Es ist daher entscheidend, dass Frauen in dieser Lebensphase aufmerksam auf die Signale ihres Körpers hören und sich nicht scheuen, Unterstützung von Gesundheitsexpert:innen zu suchen. Eine individualisierte Behandlung, die sowohl die physischen als auch die psychologischen Aspekte berücksichtigt, kann Frauen helfen, ihre Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern.


Quellen:

“Vulvodynie – Die Behandlung in der Frauenarztpraxis mit der Patientin gemeinsam gestalten!”, Dr. med. Andrea Hocke, März 2021, Link: https://www.ukbonn.de/site/assets/files/15380/gyne-vulvodynie.pdf

https://www.apotheken.de/krankheiten/4777-vulvodynie

https://acteurdemasante.lu/de/gesundheit-und-wohlbefinden-der-frau/vulvodynie-was-ist-das/

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