Hitzewallungen in den Wechseljahren: Ursachen und Behandlung

Frau von hinten Wechseljahre DR. VIVIEN KARL

Wenn die Hitze aufsteigt und Nachtschweiß ständig den Schlaf unterbricht, sind viele Frauen in den Wechseljahren. Hitzewallungen sind eine der häufigsten Beschwerden rund um die Menopause. Aber wieso entstehen die Schweißausbrüche und was hilft dagegen? 

 

Ausziehen, wieder anziehen. Zu heiß, zu kalt. Fenster auf und doch wieder zu. Hitzewallungen sind eine der häufigsten Beschwerden in den Wechseljahren und können den Alltag auf Dauer einschränken. 70 bis 80 Prozent der Frauen erleben sie während der hormonellen Umstellung des Körpers. Bei mehr als der Hälfte fangen die Hitzewallungen zeitgleich mit der unregelmäßigen Periode und der Perimenopause an. Wenn die Menopause einritt, nehmen die Beschwerden bei vielen Frauen zu und die Hitzewallungen kommen häufiger und intensiver.

Zwei Hände Intimpflege

 

Wie lange Frauen unter Hitzewallungen leiden, ist ganz individuell. Bei einem Großteil der Betroffenen passieren sie vier bis zehn Jahre. Auch nach der Menopause schlagen sich viele Frauen noch mit der aufsteigenden Hitze herum: Etwa 25 Prozent erlebt Hitzewallungen noch fünf Jahre nach der letzten Menstruation, 30 Prozent sogar noch 10 Jahre danach und 8 Prozent der Frauen noch 20 Jahre nach der Menopause.

 

Wie fühlen sich Hitzewallungen an? 


Unter Hitzewallungen kann sich fast jede ein Gefühl vorstellen. Wie intensiv sie sind, ist von Frau zu Frau jedoch unterschiedlich. Meist fängt das heiße Gefühl im Gesicht an und breitet sich über den Brustbereich aus. Betroffene Frauen beschreiben das Gefühl auch als wellenartige Hitze, die schnell ankommt und die anderen Körperregionen überrollt. 


Doch Hitzewallungen bedeuten nicht nur starkes Schwitzen. Oft treten mit ihnen weitere Begleitbeschwerden wie Schüttelfrost, Herzklopfen, Beklemmungen, Erröten und Angstgefühle ein. Besonders belastend ist für Betroffene, dass Hitzewallungen unerwartet kommen und das intensive Gefühl von Wärme sie in vielen Alltagssituationen überrascht und vereinnahmt. Egal, wo und was man gerade tut: Wenn Hitzewallungen oft vorkommen, haben Frauen auch mit der mentalen Belastung und dem Warten auf die nächste Welle zu kämpfen. Denn die nächste Welle kann sie in jeder Situation überraschen – beim Bezahlen an der Supermarktkasse, in einem Meeting vor versammeltem Team oder auf dem Heimweg in Bus und Bahn. 

Dabei sind Hitzewallungen kein Grund, sich zu schämen und verschwinden häufig nach ein bis fünf Minuten wieder von allein. Trotz der hohen Belastung sucht sich übrigens nur eine von vier Frauen ärztliche Hilfe. 


Wie viele Hitzewallungen sind normal am Tag? 


Wie oft Hitzewallungen vorkommen, ist bei jeder Person ganz individuell. Einige Frauen erleben sie nur ein paar Mal während der Wechseljahre, andere bekommen sie ein bis zwei Mal pro Stunde. Je nachdem, wie häufig und lang die Hitzewallungen dauern, können sie den Alltag von Frauen in den Wechseljahren stark einschränken und ihre Lebensqualität über mehrere Jahre verschlechtern. 


Übrigens treten Hitzewallungen nicht nur tagsüber auf. Viele Frauen leiden vor allem nachts unter Schweißausbrüchen (sogenanntem Nachtschweiß) und können dadurch nur schlecht schlafen. So entsteht in den Wechseljahren schnell ein Teufelskreis aus Hitzewallungen, Schlafentzug und ständiger Übermüdung. Wer das erlebt, sollte sich ärztlich beraten lassen, um die Beschwerden zu mindern. Denn auch hier gilt: Da muss niemand alleine durch und heute gibt es Wege, die Beschwerden zu verringern. 


Welche Risikofaktoren für Hitzewallungen gibt es? 


Ob eine Frau in den Wechseljahren Hitzewallungen bekommt oder nicht, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Einige Risikofaktoren haben wir hier aufgelistet:

 

  1. Frühe oder chirurgische Menopause
  2. Hoher Body-Mass-Index
  3. Sitzende Tätigkeiten und wenig Bewegung
  4. Rauchen
  5. Stress
  6. Mentale Erkrankungen wie Angstzustände, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen
  7. Einnahme von Medikamenten wie Aromatasehemmer oder selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren

 

 

Wie entstehen Hitzewallungen im Körper?


Obwohl Hitzewallungen in einigen Studien schon wissenschaftlich untersucht wurden, wissen Forschende bis heute nicht genau, was sie auslöst. Doch es gibt einige Erklärungsversuche und eine konkrete Erkenntnis. Demnach spielt das Hormon Östrogen bei Hitzewallungen eine Rolle. Zu dieser Vermutung kommen Forschende, da Hitzewallungen sich durch eine Östrogentherapie verbessern. 


Östrogen ist mit dafür verantwortlich, unsere Körpertemperatur zu regulieren. In den Wechseljahren schwankt das Hormon und sendet unregelmäßige Signale an das Gehirn – genauer gesagt an die Hypothalamus-Drüse. Die Folge: Das Gehirn denkt, die Körpertemperatur sei höher als sie in Wahrheit ist und steuert dagegen. Die Blutgefäße weiten sich, mehr Blut strömt durch unsere Haut und der Körper versucht sich durch Schwitzen abzukühlen. Auf die reduzierte Körpertemperatur reagiert der Körper im Anschluss oft mit Schüttelfrost, um den Temperaturabfall auszugleichen. Deshalb treten Hitzewallungen und Schüttelfrost häufig zusammen auf. 


Diese Form der Hitze-Regulierung ist ein natürlicher Prozess und passiert aufgrund des vasomotorischen Systems – ein Nerven- und Muskel-Netzwerk, das unsere Blutgefäße weitet und zusammenzieht. Deshalb werden Hitzewallungen und Nachtschweiß übrigens als vasomotorisches Symptom der Wechseljahre beschrieben. 


Beim Großteil der Frauen verschwinden die vasomotorischen Symptome nach der Menopause. Und das, obwohl der Östrogenspiegel immer weiter sinkt. Deshalb gehen Forschende inzwischen davon aus, dass nicht die Abnahme von Östrogen per se der Grund für Hitzewallungen ist. Vielmehr glauben sie, dass die Geschwindigkeit, mit welcher das Hormon abnimmt, Hitzewallungen beeinflusst. Um den Zusammenhang von Östrogen und Hitzewallungen genau zu verstehen, braucht es jedoch noch mehr Forschung.

Frau von hinten Wechseljahre

Was hilft bei Hitzewallungen? 


Bei leichten Hitzewallungen reicht es oftmals, den Lebensstil anzupassen, um die Beschwerden zu reduzieren. Dabei können wir mit Verhaltensweisen und Gewohnheiten bereits eine deutliche Linderungen bewirken. 


Tipps, um Hitzewallungen zu reduzieren:

  1. Stress reduzieren
  2. Immer etwas zum Kühlen dabei haben wie einen kleinen Ventilator oder Fächer
  3. Die Raumtemperatur senken
  4. Auf Alkohol und scharfe Gewürze verzichten 
  5. Hitzefreundliche Kleidung anziehen und lieber auf synthetische Stoffe wie Polyester verzichten
  6. In mehreren Lagen (Zwiebellook) anziehen
  7. Bei Übergewicht abnehmen
  8. Sport in den Alltag integrieren, um Stress abzubauen
  9. Akupunktur 

Methoden wie die kognitive Verhaltenstherapie können den Umgang mit Hitzewallungen erleichtern. Denn die wellenförmige Hitze kann auf Dauer zur mentalen Belastungsprobe werden. 


Wer unter starken und häufigen Hitzewallungen leidet, kann sich zusätzlich zu medikamentösen Behandlungsoptionen beraten lassen. Eine der häufigsten Behandlungsmethoden ist die Hormonersatztherapie (HRT). Dabei erhalten Frauen Östrogen oder Östrogen zusammen mit Progesteron – also die Hormone, die der eigene Körper nicht mehr selbst produziert. 

Jedoch ist diese Form der Therapie nicht für alle Frauen geeignet. 


Deshalb gibt es neben der Hormonersatztherapie noch weitere hormonfreie Behandlungsmethoden, die bei starken Belastungen durch Hitzewallungen helfen können: 

  1. niedrig dosierte selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
  2. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer
  3. Gabapentinoide

Um eine geeignete Behandlung zu finden, sollte jede Frau sich individuell ärztlich beraten lassen. 




Quellen: 

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6459071/ 

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0965229919313068

https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMcp1714787

https://journals.lww.com/menopausejournal/Citation/2021/05000/Quantitative_study_on_the_efficacy_of_acupuncture.13.aspx 

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